Mein Jakobsweg von Sprockhövel - im Ruhrgebiet - nach Santiago de Compostela

Tag 15: Schengen (L) - St. Hubert (F) - 41,9 km

52389 Schritte, also 41,9 km, in 8 Stunden 47 Minuten gelaufen von 8:00-19:00 Uhr, Übernachtung im Hotel La Ferme de Godchure für 80€ HP.

Nach ziemlich genau 2 Jahren habe ich die Zeit mir genommen, um ein Stück des Jakobswegs wieder zu laufen. Ich habe 4 Tage Zeit. Nun werde ich nach Frankreich hinein laufen und die ersten Sprachprobleme bekommen. Außerdem soll der Weg längst nicht mehr so gut beschildert sein, wie in Deutschland. Deshalb habe ich mich zusätzlich neben den Reiseführern von Norbert Rother und Ingrid Retterrath mit einem Kompass und Landkarten im Maßstab 1:100000 ausgestattet.

Ich wollte um 3 Uhr nachts aufstehen, so dass ich relativ früh in Perl ankomme, dort noch was frühstücken und das Auto sicher parken kann. Gegen kurz nach 4 bin ich dann losgekommen, habe also nicht viel Schlaf bekommen, da das Packen des Rucksacks und der notwendigen Utensilien dann doch noch länger am Abend vorher gedauert hat. In der letzten Bäckerei in Perl, ungefähr dort, wo ich mich vor 2 Jahren bei dem Unwetter untergestellt hatte, habe ich gefrühstückt und mich nach dem Bahnhof erkundigt, ob er denn noch in Betrieb sei, da er sehr verlassen aussah und dort gebaut wurde. Der Bahnhof soll aber angefahren werden. (Was dann nach 4 Tagen doch nicht so klappen wird)

Das war dann für den heutigen Tag meine letzte Konversation, außer dass ich einmal im Wald von 3 Reiterinnen nach dem Weg gefragt wurde. Um 8:00 Uhr ging es dann bei Sonnenschein los. Auf der Luxemburger Seite starteten gleichzeitig hinterm Horizont 8 Heißluftballons. Hinter einer Schleuse an der Mosel auf Luxemburger Seite ging es hinauf in die Weinberge und ich kam ohne es zu merken nach Frankreich. Nach Sierck-les-Baines ging es steil den Höhenzug herauf und von oben hatte ich immer wieder einen weiten Blick auf das Moseltal, wo das Atomkraftwerk Cattenom leider unübersehbar ist.

Ein paar Mal habe ich mich verlaufen, so dass ich z.B. bei Veckring nicht über das Fort Hackenberg der Maginotlinie gekommen bin. Der Weg ist nicht mehr so gut ausgeschildert und ich hatte wohl eine Abzweigung verpasst und es nicht rechtzeitig gemerkt. Dafür war aber das Wetter für den ersten Tag optimal. Nicht zu heiß und 2 Mal ein kurzer Schauer bei dem ich aber nicht nass geworden bin. Nach Kédange-sur-Canner habe ich ziemlich gekämpft und konnte mich die letzten 10 km nach St. Hubert nicht mehr so recht an der schönen Natur erfreuen.

Da ich vorher nicht planen konnte, wie weit ich es an diesem Tag schaffen werde, habe ich kein Zimmer in einer Pension vorbestellt. Der ursprüngliche Plan war, bis nach Vigy zu kommen, da es hier eine Art Jugendherberge geben sollte, aber in St. Hubert waren meine Kräfte am Ende und es war schon 19:00 Uhr. Direkt am Ortseingang befindet sich das kleine Hotel La Ferme de Godchure.

Leider konnte ich mich hier nicht mit Deutsch oder Englisch verständigen, so dass es etwas länger gedauert hat, um herauszubekommen, dass es nur noch ein Zimmer gibt und dass es das größte und teuerste Zimmer ist. 95€ war ich entfernt von einem Bad und einem Bett, aber das war ich nicht bereit auszugeben und das am ersten Tag - schon eine finanzielle Katastrophe. Die Dame des Hotels hat dann für mich im Umkreis von 10 km alle Möglichkeiten zur Übernachtung per Telefon angerufen, aber es war nichts frei.

Letzendlich ist sie mir dann auf 70€ inkl. Frühstück + 10€ Abendessen entgegen gekommen, was ich dann notgedrungen akzeptiert habe. Die Badewanne war dann aber das reinste Paradies und ich konnte meine Blase am kleinen Zeh ausgiebig behandeln. Mir wurde noch ein tolles Abendessen bereitet, da auch sonst kein Restaurant im Umkreis war und ich mich nicht mehr zu Fuß bewegen wollte. Fazit des Tages: Lothringen ist schön und eine Reise wert, fast so wie die Elfringhauser Schweiz nur nicht ganz so bergig.

Tag 16: St. Hubert (F) - Ancy-sur-Moselle (F) - 39,0 km

48754 Schritte, also 39,0 km, in 8 Stunden gelaufen von 8:30-19:30 Uhr mit Pausen, Übernachtung bei Paul Thomas für 45€.

Die Entdeckung der Langsamkeit hat wieder nicht funktioniert. Nach einem ausgiebigen und tollem Frühstück bin ich bei bedecktem Wetter relativ früh aufgebrochen. Die Nacht und der Luxus des Hotelzimmers haben gut getan und ich hatte keinen Muskelkater. Die Blase ist versorgt und ich merke sie nicht im Wanderschuh. Vormittags hat es mehrfach gefieselt, aber ich bin nicht einmal mit Jacke gelaufen. Die Nässe im Hemd kam eher von innen als vom Regen. In Vigy hatte ich eine nette Begegnung mit einem ältern Herrn, der die Kleidung eines Dampflokomotivenführers an hatte. Am Bahnhof wurde ein Film gedreht und der Verein der alten Dampflok spielte dort mit. Da er Deutsch sprach, konnten wir uns unterhalten.

Er erzählte, dass er oft zu Fuß von Metz heraufkommt und beschrieb mir den besten Weg, den ich gehen sollte. Heute ging der Weg öfters über Asphalt, aber die Straßen waren sehr wenig befahren. Gegen 14:30 Uhr war ich im Zentrum von Metz angekommen und am Dom wurde gebaut. Die Tür war verschlossen, so dass ich mich direkt dem großen Hunger zuwenden konnte. Nach dem Essen gab es ein Nachtischgetränk auf dem Platz vor dem Justizministerium und während ich dem Treiben zu sah,

schmerzten die Knochen und Schultern das erste Mal. Deshalb kam die Überlegung nach dem langen Weg gestern die heutige Etappe schon in Metz in der Jugendherberge zu beenden, aber nach dem Bier wachten die Lebensgeister wieder auf und ich bin noch ein ganzes Stück bis Ars-sur-Moselle und dann noch bis Ancy-sur-Moselle weiter gelaufen. Der Weg war wunderbar entlang an einem Moselkanal. Auf meiner Kanalseite die Fußgänger und Hundebesitzer und auf der anderen Seite fuhren die Fahrräder.

In Ars-sur-Moselle fand ich das Quartier aus dem Reiseführer von Ingrid Retterath nicht, da es nicht am Weg liegt. Ich bin dann noch die 2,5km weiter nach Ancy-sur-Moselle gelaufen und hier sollte es ebenfalls eine Übernachtungsmöglichkeit geben bei Paul Marie Thomas in der Rue des Quarrés 2. Dort sprach ich seinen kleinen Sohn an und er holte Paul. Paul sprach zu mir und ich verstand nur c'est fermé. Mein Anblick hat in ihm Erbarmen ausgelöst, so dass ich doch noch übernachten konnte.

Es folgte ein wunderbare Dusche und ein angenehmer Abend mit Paul, da ich mit ihm englisch reden konnte. Es kam heraus, dass Sylvie, seine Frau 2010 an Krebs erkrankte und sehr schnell gestorben sei. Zurzeit baut er das Haus um und weiß noch nicht, wie es hier weitergehen wird. Wenn ich vorher telefonisch nachgefragt hätte, hätte er abgelehnt. Außerdem ist die Telefonnummer und E-Mailadresse inzwischen veraltet. Der Abend mit Paul war der Höhepunkt und gleichzeitig Bergfest meiner 4 kurzen Tage. Dafür bin ich dankbar.

Tag 17: Ancy-sur-Moselle (F) - Dieulouard (F) - 32,8 km

41004 Schritte, also 32,8 km, in 6 Stunden 52 Minuten gelaufen von 9:15-19:30 Uhr mit Pausen, Übernachtung Hotel Le Commerce für 62€ HP

Ein wunderschöner warmer Tag, wo es abends um 21:00 Uhr noch 30°C warm war. Das Frühstück mit Paul und seinem Sohn war genau so herzlich wie der gestrige Abend, so dass der Abschied schwer fiel. Mein Weg führte mich zunächst bis Dornot an der Straße entlang, wo ich dann auf den Jakobsweg wieder kam. Dieses war ein Tipp von Paul, weil ich so die Bahnlinie nicht wieder überqueren musste. Ab Dornot ging es oberhalb in den Wald hinein. Nach einer Weile kam ich in das malerische Örtchen Arnaville,

ab dem ich an einem Moselkanal entlang auf einer alten Bahnlinie gelaufen bin. Die alten Bahnschwellen waren zum Teil schon sehr verwittert und bewachsen. Die Schienen werden wohl früher dafür genutzt worden sein, um Lastkähne zu ziehen. Der Weg war komplett durch Bäume im Schatten, wunderbar. Die Temperatur stieg immer weiter an, so dass ich während einer Pause die Hosenbeine der Trekkinghose entfernte.

Gegen Mittag bin ich in Vandières in der Auberge des Voyageurs eingekehrt. Hier gab es französische Küche mit 4 Gängen und es war köstlich. Bis nach 3 Uhr nachmittags habe ich hier Pause gemacht und merkte dann, dass es noch wärmer geworden war. In Montauville lief ich durch einen Straßenflohmarkt und ein unbekannter Händler sprach mich an und schenkte mir eine Flasche Vittel, eine schöne Geste.

Ab Montauville änderte sich im Westen so langsam die Landschaft. Es gibt dort Kornfelder so weit das Auge reicht. Am Morgen hatte Paul für mich im Hotel le commerce ein Zimmer mit Halbpension reserviert und man wartete schon auf mich. Es war nicht direkt am Weg und ich musste mich durchfragen, um es zu finden. Gegen 19:30 Uhr war ich dann angekommen und konnte erstmal duschen und meine Wäsche machen, wie jeden Abend. Nur dass dieses für erstmal mein letzter Abend auf dem Jakobsweg war.

Das Hotel war recht baufällig und einfach, aber alles Notwendige war vorhanden. Während ich noch mit mit meinen Lieben daheim telefonierte, klopfte man an meiner Zimmertür und sagte, dass mein Abendessen fertig sei. Nach dem Essen um Punkt 21 Uhr wurden die Rollläden der Gaststätte geschlossen und es wurde abgesperrt. Ich frug mich, wie ich den rauskäme, wenn ich gewollt hätte? Aber ich war eh müde und wollte schlafen.

Tag 18: Dieulouard (F) - Toul (F)- 29,0 km

36254 Schritte, also 29,0 km, in 6 Stunden gelaufen von 9:30-18:00 Uhr mit Pausen, Übernachtung auf dem Heimweg

Das Hotel in Dieuloard bleibt in Erinnerung. Ich war der einzige Gast, die anderen wissen wohl warum... Ich bekam heute morgen das erste Mal ein typisch französisches Frühstück, 1 Croissont und 1 Brötchen mit Butter und Marmelade plus 1 Tasse Kaffee, aber es hat geschmeckt und inklusive dem morgentlichen Treiben in der Kneipe des Hotels. Um halb 10 bin ich dann aufgebrochen. Das Thermometer der Werbetafel vor dem Hotel zeigte schon 25°C an und es sollte der heißeste Tag der Tour werden.

Wasser hatte ich immer dabei. Ich hatte mir 2 0,75l PET Flaschen mitgenommen, die ich immer, wenn ich die Möglichkeit hatte, (Imbiss, Restaurant oder auch Friedhöfe) aufgefüllt habe und ich habe immer eine Magnesium Brausetabellte darin aufgelöst. Das gab Geschmack und beugt Muskelproblemen vor. Der Weg von Dieuloard ging aus der Stadt heraus immer stetig wenn auch nicht steil durch Kornfelder bergauf. Es war herrlich, der Weg durch die Sonne sehr hell und über mir der tief blaue Himmel. Ich habe zunächst das Moseltal verlassen, um auf relativ direktem Wege in Richtung Toul zu laufen, da ich Nancy als Station ausgelassen habe.

Durch die Felder waren meine steten Begleiter Bremsen, Bienen oder Fliegen. Wenn ich stehen blieb, z.B. um zu fotografieren, setzen sich die Insekten auf mich und stachen, also möglichst in Bewegung bleiben und mich für die Insekten uninteressant machen.

In Saizerais habe ich 2 längere Pausen gemacht, erst auf dem Friedhof direkt an der Kirche und später noch in einer Gaststätte am Straßenrand unter einem Schirm.

So habe ich bis zum Mittag schon mehr als 3 Liter Flüssigkeit zu mir genommen. Die schwarze Kappe gegen die Sonne wurde immer weißer. In Saizerais trennte sich mein Weg vom National-Wanderweg Metz-Nancy, dem ich lange Zeit gefolgt bin und dessen Beschilderung eine große Orientierungshilfe war, da die Jakobsmuschel sehr selten als Beschilderung war. Mein Weg folgte nun durch Wälder und Felder und ich kürzte zum Moseltal hin ab. Wie bei Ingrid Retterath beschrieben, tauchte urplötzlich die Mosel vor einem auf. Ich wusste nun, dass der Rest meines Weges ca. 12 km an der Mosel entlang nach Toul führen wird.

Nach der Umwanderung der Mündungsbucht des Flüsschens Le Terroin war ein schwimmender Badesteg auf der Mosel mit Badeleiter. Das war die Gelegenheit mich abzukühlen. Ich wollte gerade in die Mosel springen als 5 Schüler/innen die gleiche Idee hatten, denn heute ist der erste Ferientag in Frankreich. Die Mosel ist an vielen Stellen so klar, dass man sehr weit auf den Grund schauen kann und die Tier und Pflanzenwelt bewundern kann. Die Fische haben mich bei meiner Pause im Wasser in Ruhe gelassen. Bis Toul ergab sich keine Gelegenheit mehr, Wasser in meinen Flaschen zu tanken oder noch einmal mich abzukühlen.

Kurz vor 18 Uhr habe ich die Kathedrale in Toul erreicht und besichtigt. In der Touristeninformation sprach man Deutsch und ich informierte mich über den Weg zum Bahnhof und dass ich meine Übernachtungsquartiere, wenn ich den Weg fortsetzen werde, im Voraus mit Hilfe der Touri-info frühzeitig reservieren solle. Hier habe ich mir auch meinen einzigen Stempel in meinen Pilgerausweis für dieses Jahr abgeholt. Das Flüssigkeitsdefizit habe ich in der ersten Kneipe aufgefüllt und bin anschließden zum Türken gegenüber und habe das Ende meiner 4 Tage gefeiert. Anschließend bin ich zum Bahnhof gelaufen, um mit dem Zug zurück nach Perl zu fahren. Doch das war nicht so einfach, denn Perl war mit dem Zug heute nicht mehr zu erreichen. Die nächste Station dorthin war Thionville. Für 7 € habe ich eine Bahnfahrkarte erworben, erfreulich preiswert, wenn man das mit den Preisen des ÖPNV im Ruhrgebiet vergleicht.

In Nancy bin ich umgestiegen in einen Zug nach Luxemburg, s.d. ich gegen 22 Uhr in Thionville sein sollte, um ggf. dort noch einen Bus nach Sierck-les Bains zu erreichen. Aber daraus wurde nichts, denn irgendwo auf der Strecke blieb mein Zug für über eine Stunde stehen, denn in Metz gab es ein Problem mit den Stromleitungen, so dass ich in einen Diesel getriebenen Zug umsteigen musste. Ich war dann gegen 0 Uhr in Thionville und habe keine Verbindung mehr gefunden. Ich stand nun vor der Frage Pension suchen und übernachten und morgen einen neuen Versuch starten, oder mit dem Taxi zum Autofahren. Das hat dann 50€ gekostet und ich habe im T5 auf der Rückfahrt irgendwo in der Eifel auf einem Parkplatz übernachtet. Fazit der 4 Tage: Das mit der Langsamkeit muss ich noch lernen und Lothringen ist schön und eine Reise wert.